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PropertyEU-Interview: "‘Ausgewählte Assetklassen und Regionen in Europa im Fokus"

Interview aus dem PropertyEU Magazin / 6. Oktober 2021

Die Investorenpräferenzen werden sich nach der Pandemie stärker fokussieren, so eine Expertenrunde, die in Hamburg zusammenkam, um über die Marktdynamik in Europa zu diskutieren

Der in der Pandemie ohnehin gewachsene Kapitaldruck konzentriert sich zunehmend auf ausgewählte Assetklassen und Regionen in Europa. Mit Blick auf den Hamburger Hafen und die Hafencity diskutierten vier deutsche Investoren, Assetmanager und Projektentwickler bei einem PropertyEU Roundtable, welche Chancen sie in Europa sehen: Mietwohnungen in Polen und den Niederlanden mit Renditen über 5%, Student Housing in Zentraleuropa sowie Logistikimmobilien in CEE. Einig sind sich die Diskutanten in Hamburg, dass der europäische Immobilienmarkt zugleich Sicherheit und Chancen bietet.

Auf dem Podium saßen Jan Philipp Daun, Mitglied der Geschäftsleitung Investmentmanagement bei Garbe Industrial Real Estate; Björn Kombächer, Head of Investor Relations bei Engel & Völkers Asset Management; Rainer Nonnengässer, Executive Chairman von International Campus, und René Westerheider, Head of Asset Management bei Trei Real Estate.

‘Wir bekommen in Polen eine bessere Rendite für die Risiken, die wir eingehen, als in Deutschland, ’ erklärt René Westerheider, Head of Asset Management bei der Trei Real Estate. Darum treibt der aus dem Tengelmann-Konzern hervorgegangene Projektentwickler und Bestandshalter von Wohn- und Einzelhandelsimmobilien in Europa und den USA zurzeit im östlichen Nachbarland die weitere Entwicklung und Diversifizierung seiner Geschäftsfelder voran. Nach Discountern und Fachmarktzentren begann die Trei in Polen vor drei Jahren mit dem Bau von Eigentumswohnungen. Nun packt das 50-köpfige Team in Warschau auch die Entwicklung von Mietwohnungen an. 28% der zum Halbjahresende 2021 rund €1,3 Mrd Assets under Ma­nagement entfallen auf insgesamt 147 polnische Objek­te. Westerheider: ‘Wir haben ein greifbares Portfolio in mehreren polnischen Metropolen. Wir haben eine Pipe­line. Erste Gespräche führen wir mit einem internatio­nalen Investor.’

RENDITEN BIS 6% IN DANZIG ODER BRESLAU

‘Die meisten Mietwohnungen in Polen sind in der Hand von kommunalen Gesellschaften oder Privatinvestoren und stammen meist aus der Vorwendezeit,’ erläutert Westerheider. ‘Sie entsprechen in keiner Weise mehr den Anforderungen der jungen Generation, deren Le­bensentwurf heute flexibler ist.’ Im Fokus hat das Trei-Team zunächst die fünf Top-Städte Warschau, Breslau, Posen, Krakau und Danzig. Auf der Suche nach geeigne­ten Standorten, werden auch die Entwicklungspotenzia­le der Discounterimmobilien geprüft.

‘Wir reißen Flachmänner ab und bauen eine attraktive Immobilie mit Supermarkt und Wohnungen darüber. Teilweise kaufen wir noch Nachbargrundstücke dazu.’ Im Vergleich zu Deutschland seien das Baurecht und das Mietrecht sehr attraktiv. Der Druck auf den polni­schen Wohnungsmarkt ist allerdings auch nicht so hoch wie in Deutschland. Beim Mietwohnungsbau orientiert sich die Trei auf institutionelle Investoren. ‘Man über­lässt es mehr dem Markt – auch weil der Mietmarkt bei der Politik in Polen weniger im Fokus steht. Die Brutto­anfangsrendite liegt in Warschau bei über 5%, in Stettin oder Breslau sogar bei 6%.’

WOHNUNGSINVESTOREN SUCHEN IN DEN NIEDERLANDEN NACHHALTIGKEIT UND RENDITE

In den Niederlanden gibt es nach Studien bis 2030 einen Bedarf von rund einer Million Wohnungen. ‘Viele In­vestoren, die in Deutschland große Immobilienbestände aufgebaut haben, suchen nach Möglichkeiten zur Diver­sifizierung – nach modernen Konzepten, die nachhaltig und an den künftigen urbanen Anforderungen ausge­richtet sind,’ erklärt Björn Kombächer, Head of Investor Relations bei Engel & Völkers Asset Management.

‘Viele Investoren erwarten von mir Nachhaltigkeit. Da spielt Rendite gar nicht die größte Rolle,’ so Investment­experte Kombächer. Die gibt es beim EVR Dutch Resi­dential Fund 1 mit einer Internal Rate of Return (IRR) von rund 5% aber trotzdem. Gleichzeitig wird der Fonds nach den Anforderungen von Art. 8 der EU-Offenlegungsver­ordnung konfiguriert. Kombächer ist ziemlich begeistert von Deutschlands westlichem Nachbarn: ‘Die Niederlan­de sind beim Thema Nachhaltigkeit weiter als Deutsch­land. Die ESG-Kriterien, die Anforderungen der EU-Ta­xonomie, sind für viele in der Europäischen Union neu, werden aber in den Niederlanden bereits umgesetzt.’

In diesem Kontext investiert der EVR Dutch Residential Fund 1 in neu errichteten bezahlbaren Mietwohnungs­raum. Der Fonds ist ein in Luxemburg zugelassenes Vehikel, das von Hauck & Aufhäuser als KVG adminis­triert wird. Kombächer betont, es gebe eine gesicherte Pipeline. ‘Das ist sehr wichtig zu sagen. Es gibt viele In­vestoren, die sind committed, aber das Kapital wird nicht abgerufen. Wir können sofort loslegen mit dem Bauen. Erstes Seedkapital von einem deutschen institutionellen Investor wurde bereits zugesagt. Wir haben bereits ein neues Portfolio in Höhe von €600 Mln, das ab 2022 ge­baut werden soll.’

STUDENT HOUSING KOMMT GUT DURCH DIE KRISE

‘Student Housing wird im Herbst aus dem Covid-Schat­ten herausmarschieren’, erklärt Rainer Nonnengässer, Executive Chairman von International Campus, um zu unterstreichen: ‘Und der Schatten war bei weitem nicht so groß, wie in anderen Branchen. Ich kenne nieman­den aus dem Segment Student Housing, dessen Bele­gung unter 70% lag.’ Der International Campus Manager ärgert sich noch im­mer – ein wenig – über Meldungen im Sommer 2020 über einbrechende Belegungszahlen etwa von studenti­schen Mikroapartments. Ja, 2020 seien 50% der Erstse­mester im Elternhaus geblieben, üblich sei eine Quote von 20%. Westerheider ist neugierig: ‘Wir haben in unse­rem Portfolio auch ein Studentenheim in Köln-Ehrenfeld. Gab es Unterschiede bei der Belegung zwischen kleinen und großen Städten?’ Im Trend schon, bestätigt Student Housing Experte Nonnengässer. Es habe es Rückgänge an spezialisierten Hochschulstandorten gegeben – etwa Musikhochschulen oder Technischen Hochschulen mit einem Anteil ausländischer Studenten von 40% bis 70%.

‘Dafür haben wir jetzt quasi einen Doppeljahrgang. Bei uns hat schon Ende Juni der Nachfrageboom eingesetzt,’ so rechnet Nonnengässer im Herbst mit weitgehend ge­füllten Häusern. Ohnehin: ‘Die Makrodaten sind wei­terhin positiv. Wir haben 2,9 Millionen Studierende in Deutschland. Davon brauchen zwei Millionen eine Un­terkunft. Es gibt aber nur 65.000 moderne Apartments und 200.000 in Studentenwerken in Deutschland.’

Anhaltender Nachfrageboom im Logistiksegment

Die Flächennachfrage hat Logistikimmobilien bereits vor Corona einen Boom beschert, den die Lockdowns noch beschleunigt haben. Trotzdem: ‘Logistik ist etwas, dass keiner haben will – so etwa wie einen Handymast,’ illustriert Jan Philipp Daun, Mitglied der Geschäftslei­tung Investmentmanagement bei Garbe Industrial Real Estate, die Ambivalenz der Assetklasse. ‘Logistikimmo­bilien mit hohem Flächenverbrauch, der Vermutung niedrig bezahlter Arbeitskräfte und intensiver Verkehre will eigentlich keine Kommune vor der Tür haben. Aber wir alle wertschätzen, dass die Ware in die Läden kommt oder zunehmend direkt nach Hause.’

Treiber des Logistikbooms in Europa sei ohne Zweifel der E-Commerce. ‘Es gab im Frühjahr 2020 ein kurzes Verharren, aber spätestens im Mai war jedem klar, dass die Logistikhalle der Hedge auf Retail ist.’ Daun verweist auf das etwa von Amazon in den letzten fünf Jahren über Deutschland – auch mit Hilfe von Garbe – ausgerollte dichte Netz aus Fullfillment-Center, Verteilzentren und Last-mile-Objekten. ‘Hinzu kommt, dass die deutsche Wirtschaft gelernt hat, wie verletzlich ihre Lieferketten sind. Das führt bereits jetzt zu mehr Bestandshaltung.’

In der Summe sind Lager an nahezu allen Logistikstand­orten voll vermietet. Die Nachfrage nach Logistikflächen kann nicht vollständig bedient werden. Zwischen Mikro­wohnen und Logistik erkennt Logistikentwickler Daun viele Parallelen: ‘Wir waren vor zehn Jahren auch kaum eine Assetklasse. Drittverwendungsfähigkeit und Finan­zierung waren bei uns ebenso ein wichtiges Thema. Wie bei Student Housing ist der Renditeaufschlag, der ja quasi ein Risikoaufschlag ist, auch bei Logistik inzwi­schen deutlich geschrumpft. Jetzt wir sind beide quasi “shiny”: Wir haben Faktor 30 erreicht.’

VOLKSFESTSTIMMUNG BEI ERÖFFNUNG POLNISCHER FACHMARKTZENTREN

In Polen hat das Trei-Team Fachmarktzentren früh als Marktlücke erkannt. Allein sieben Vendo Parks werden bis Ende 2021 neu eröffnet haben. Insgesamt 38 werden es dann im Trei-Portfolio sein, davon 28 in Polen, die üb­rigen in der Slowakei und Tschechien. ‘Wir gehen jetzt auch in Städte ab 20.000 Einwohner,’ erläutert Wester­heider. Die Einzelhandelsstruktur in Polen sei gerade abseits der großen Städte noch sehr veraltet.

‘Wir haben den Bedarf an modernen Handelsflächen in Klein- und Mittelstädten am Anfang unterschätzt.’ Von dem Verdrängungswettbewerb in Deutschland sei Polen weit entfernt. ‘Wenn wir dort einen Vendo Park mit sechs bis acht Shops eröffnen, dann gleicht das einem Volksfest. Auch die jungen Leute kommen aus der gan­zen Region zusammen.’

Ursprünglich wollte die Trei 50 Vendo Parks für den eigenen Bestand bauen. Dem sich nun deutlich abzeich­nenden höheren Bedarf will das Unternehmen durch­aus entsprechen – allerdings nicht mehr nur für das eigene Portfolio. ‘Wir gehen mit unserem Know-how so­wie unserer Präsenz auf den Markt der institutionellen Investoren, und holen externes Kapital rein.’

DEFIZIT VON 400.000 WOHNUNGEN IN DEN NIEDERLANDEN

Der Wohnungsmarkt in den Niederlanden unterschei­det sich grundsätzlich von dem in Deutschland. Mehr als die Hälfte der Wohneinheiten sind im Eigentum. Es gibt nur einen übersichtlichen, frei finanzierten Mietim­mobilienmarkt, und einen großen Anteil von Wohnun­gen mit gedeckelter Miete oder öffentlich geförderten Wohnungen. Ähnlich wie in Deutschland gibt es einen Nachfrageüberhang. Das Defizit wächst bis 2024 vor­aussichtlich auf rund 400.000 Wohnungen.

‘Die niederländische Regierung hat jedoch vor einigen Jahren schnelle und pragmatische Lösungen für eine Forcierung des Wohnungsbaus auf den Weg gebracht,’ lobt Kombächer. Maximal 3,5 Jahre dauert es heute im Mittel vom Bauantrag bis zur Fertigstellung einer Woh­nung.1.800 Wohnungen sollen in den Top-5-Städten in Randstad entstehen, mit 8,1 Millionen Einwohnern die viertstärkste Wirtschaftsregion europaweit. 65% dieser Wohnungen sind für Amsterdam projektiert.

‘Wir haben lange diskutiert: Wo kauft der Fonds? Aber acht von zehn Investoren sagen: Amsterdam muss da­bei sein – auch wenn es von den Renditen etwas enger wird. Aber einen Cash Yield von bis zu vier % finde ich sehr fair,’ so Kombächer. Neben Amsterdam fließen Wohnungen unter anderem aus Rotterdam und Den Haag ein. 90% der Wohneinheiten sollen für eine An­fangsmiete von unter €1.000 vermietet werden, im so­genannten Mid-Price-Segment. Dabei folgt die jährliche Mietsteigerung dem Verbraucherpreisindex – plus 1%.

EIGENBESTAND VON €1 MRD BIS ENDE 2022

Zwischen klassischem Wohnen und Mikrowohnen sieht Student Housing Experte Nonnengässer den Rendite-Spread bei 50 bis 80 Basispunkten – im Trend schrump­fend. ‘Die Ängste vor höheren Bewirtschaftungs- und Renovierungskosten im Segment Student Housing haben sich verflüchtigt, da die höhere Miete diese Risi­ken einpreist. Unterm Strich sind die Erträge in einem halbwegs normalem Jahr höher als bei klassischen Wohnungen.’

Anfang 2021 wurde verkündet, dass binnen zwei Jahren Assets für eine Milliarde Euro in Zentraleuropa in den Eigenbestand wandern sollen, sowohl in den Metropo­len als auch kleineren Universitätsstädten. €400 Mln hat Nonnengässer in diesem Jahre bereits investiert, und so steht Nonnengässer beim Ankauf auf dem Gas­pedal: ‘Wir wachsen heute ausschließlich über die eige­ne Bilanz. Im Moment sieht es danach aus, als ob wir aufgrund der vollen Pipeline unser Investitionsvolumen bis Jahresende verdoppeln könnten. Insgesamt habe ich wenig Zweifel daran, dass €1 Mrd-Ziel deutlich schneller als in 24 Monaten zu erreichen.’

Dabei helfen International Campus Pure Play und Er­fahrung. ‘Wir sind sehr breit aufgestellt. Wir können ebenso ein Grundstück mit Baurecht kaufen, vergeben und entwickeln, aber auch in den Forward gehen, bei Drittentwicklern kaufen und selbst in den Markt brin­gen.’ Die Wahrnehmung von Student Housing am Markt ist positiv – bei angelsächsischen Investoren so­wieso, die die Asset-Klasse bereits seit 30 Jahren kennen. ‘Inzwischen schätzen auch viele europäische und inter­nationale Investoren Student Housing als attraktive Bei­mischung. Das Segment ist dem Exoten-Status entwach­sen – sofern es sich um wohnwirtschaftliche Konzepte handel,’ so Nonnengässer.

STARKE DYNAMIK BEIM E-COMMERCE IN CEE

In diesem Jahr will der Logistikimmobilienspezialist Garbe €400 Mln Eigenkapital einsammeln, um den Be­trag 2022 in Abstimmung mit den Investoren weiter zu erhöhen. Investiert werden soll im Core-plus-Segment im europäischen Ausland. Eine Studie von Garbe Re­search zu den Mietpreisentwicklungen in 30 europäi­schen Logistikmärkten zwischen dem zweiten Halbjahr 2020 und 2021 stützt diese Orientierung. Den größten Zuwachs ermittelte Garbe zwischen dem ersten Halb­jahr 2020 und dem ersten Halbjahr 2021 mit 8,9% für die Slowakei, gefolgt von Frankreich (6,25%), Österreich (5,17%), Polen (4,76%), Belgien (4,26%), Tschechische Republik (4,17%) sowie Deutschland (4,11%).

Der Reise folgt auch der dritte Spezialfonds der Reihe Glif+, der erstmals paneuropäisch investiert. ‘Wir haben eine große Seed-Pipeline mit einem Volumen von €1,5 Mrd gesichert, die eher im Core-Bereich liegt. Neben unseren deutschen Investoren – Versorgungswerke, Pensionskassen, Sparkassen – wollen wir verstärkt in­ternationale Investoren begeistern – französische Pen­sionskassen, holländische Versicherungen. Das Seed-Portfolio ist sehr hilfreich, wenn man mit Investoren spricht, da es um konkrete Assets geht.’

Garbe ist in CEE mit Büros in Polen, Bratislava und Prag vertreten. 2019 wurde zudem das technische Beratungs- und Planungsunternehmens Metroplan Eastern Europe übernommen. ‘Diese Märkte sind für uns interessant, weil sie in punkto E-Commerce die Entwicklung in Westeuropa nachholen – und natürlich liegt die Brutto­anfangsrendite hier wesentlich höher.’ Für den neuen Fonds sieht Daun eine Rendite von 4,5% bis 6%. ‘Go live ist für das vierte Quartal 2021 geplant.’ Die erste Immo­bilie in Polen ist erworben, weitere Projekteentwicklun­gen in Polen und der Slowakei sind angeschoben.

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