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Interview: Chancen nutzen – die Unterversorgung im polnischen Einzelhandelsmarkt

[Originalquelle: IREI Europe, March 1, 2022: Vol. 16, Number 3 / Das Interview führte Chase McWhorther von Institutional Real Estate, Inc. mit Pepijn Morshuis, CEO Trei Real Estate GmbH, und Keith Breslauer, Managing Director und Senior Partner von Patron Capital Partners]

Herr Morshuis, das internationale Geschäft von Trei Real Estate umfasst mehrere Länder. Wie hat sich die Corona-Pandemie auf Ihre Expansionsstrategie ausgewirkt?

Pepijn Morshuis: Wir verfolgen zwei getrennte Strategien, nämlich eine für Mietwohnungen und eine für Fachmarktzentren. Zum Thema Fachmarktzentren und Einzelhandel lässt sich sagen: Shopping-Center waren aufgrund des mangelnden Vertrauens auf Kundenseite oder weil sie gezwungen waren zu schließen stark von der Krise betroffen. Uns fiel auf, dass Fachmarktzentren im gleichen Zeitraum geradezu aufblühten: Sie bieten großzügige Außenbereiche, jede Menge Parkplätze direkt vor den Geschäften, was für einen bequemen Zugang sorgt, und so gab es in unseren Fachmarktzentren nur eine relativ geringe Zahl von Schließungen. Seit Beginn der Pandemie konnten wir steigendes Interesse auf Seiten potentieller Mieter feststellen, die bislang vor allem in Einkaufszentren oder Innenstadtlagen vertreten waren und die sich nun stark an einer Präsenz in Fachmarktzentren interessiert zeigten. Die Pandemie hat das Wachstum in diesem Geschäftsbereich also eher noch beflügelt. 

Was Mietwohnungen betrifft, lässt sich aus unserer Sicht sagen, dass dieses Geschäft im Grunde von Corona unberührt blieb, wobei allerdings zwei unerwartete Folgen der Pandemie zu beobachten waren: Zum einen war der Markt zunächst von großer Unsicherheit geprägt, was uns ermöglichte, unser Grundstücksportfolio drastisch zu vergrößern, einfach weil viele Investoren sich in einer Art ‚Stillstand‘ befanden. Der zweite unerwartete Effekt, den wir aktuell beobachten, ist die zunehmende Verknappung von Baumaterialien und deren verspätete Anlieferung auf Baustellen, was den Baufortschritt leicht verzögert –  wobei hier allerdings eher von Wochen als von Monaten die Rede ist.

Trei Real Estate unterhält Niederlassungen in Polen, in den USA, in Portugal und in Tschechien, während sich der Unternehmenssitz in Deutschland befindet. Wie hat sich die internationale Präsenz zuzeiten der Pandemie für Sie dargestellt?

Morshuis: Ich würde sagen, sie war für uns von der Notwendigkeit bestimmt, für fortlaufende Erträge, Fortschritt auf den Baustellen und den Erwerb weiterer Grundstücke sorgen zu müssen. Sofern das alles weiterlaufen sollte, war eine Präsenz am Ort des Geschehens schlichtweg erforderlich. Als Auslandsreisen fast unmöglich wurden, war es sehr von Vorteil, lokale Teams an den verschiedenen Standorten zu haben. Wir sind also sehr gut damit gefahren.

Herr Breslauer, welche Auswirkungen hatte die Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 auf die Investmentaktivitäten von Patron Capital Partners, einem Unternehmen mit Immobilieninvestments in ganz Europa?

Keith Breslauer: Als Eigentümer/Betreiber setzen wir auf ein Hybridmodel. Wir unterstützen Konzerne wie die Trei und gehen Joint Ventures ein, gleichzeitig investieren wir aber auch in einem gewissen Maße direkt. In den 34 Jahren, die ich schon in diesem Geschäft bin, haben wir von Zeit zu Zeit solche vorübergehenden Phasen erlebt, die zwar schrecklich und katastrophal sind, aber hier und da auch neue Chancen schaffen. Während der Covid-19-Pandemie haben wir sozusagen Vollgas gegeben und 844 Mio. € an Kapital für unseren Fund VI eingeworben. Davon sind rund 75 Prozent bereits investiert. Wir sind überzeugt, dass die Märkte sich stabilisiert haben, und im Unterschied zu anderen Akteuren in diesem Bereich haben wir keine Pause eingelegt. Während der Pandemie haben wird durchgehend eng mit der Trei zusammengearbeitet, um dem Unternehmen dabei behilflich zu sein, Chancen zu erkennen und zu nutzen.

Herr Morshuis, haben Sie den Eindruck gehabt, dass sich andere Investoren während oder im Anschluss an die Pandemie eher auf den Heimatmarkt konzentrieren?

Morshuis: Nein, nicht unbedingt. Grundsätzlich ist die Globalisierung von Immobilienanlagen nicht mehr aufzuhalten. Sie zieht immer weitere Kreise. In der Frühphase der Pandemie war allerdings eine allgemeine Zurückhaltung bei Kapitalanlagen zu beobachten, da einfach niemand die Situation genau zu deuten wusste. Sobald jedoch der Moment der Unschlüssigkeit überwunden war, setzten alle ihre Strategien fort. Mir ist nicht aufgefallen oder bekannt, dass jemand gesagt hätte, „Lass uns bloß nicht ins Ausland gehen. Wir bleiben schön auf unseren Heimatmärkten.“

Herr Breslauer, würden Sie sagen, dass sich viele professioneller Anleger in Großbritannien eher auf den Heimatmarkt konzentriert haben?

Breslauer: Das hängt von der Größe ab. Die größeren institutionellen Investoren im Inland setzten ihre Investitionen fort, da das in ihre Fonds eingebrachte Kapital angelegt werden musste. Dagegen hielten kleinere institutionelle Investoren, Family Offices und vermögende Privatpersonen zunächst mal inne, und zwar sowohl in Großbritannien als auch in Deutschland. So kamen wir in Deutschland bei einer ganzen Reihe von Investitionen zum Zuge, die uns vor der Pandemie gar nicht offen gestanden hätten. Die kleineren Investoren pausierten zwar, aber da die großen weitermachten, hat sich die Suche nach Rendite extrem intensiviert, und auch wenn das Interesse bei komplizierten Transaktionen gedämpfter ist, bleibt die Nachfrage nach ertragreichen Investmentmöglichkeiten unverändert hoch.

Gab es im Nachgang der Pandemie irgendwelche anderen Investmenttrends in Europa, von denen Sie überrascht waren?

Breslauer: Ja, und zwar Gier. Die Risikokapital- und Tech-Märkte haben ein derart rasantes Wachstum erlebt, dass sich Anleger, die in mehrere Assetklassen investieren, inzwischen fragen, „Mensch, wir haben 50 Prozent Gewinn gemacht, und das Drei- oder Vierfache mit Tech-Werten verdient, während Immobilien gerade mal 15 Prozent Rendite abwerfen. Warum geben wir uns überhaupt noch mit Immobilien ab?“ Wenn man jedoch die Schlüsselfrage stellt, „Haben sich diese Werte denn realisieren lassen?“, lautet die Antwort, „Na ja, nicht ganz“. Dann stellt sich heraus, dass sie nur rund 70 Prozent davon realisiert haben. Die Zuwächse bei wachstumsgetriebenen Beteiligungen und Aktien fallen so enorm aus, dass sie in gewissem Sinn auf Anlegerseite verzerrte Erwartungen und Vorstellungen geweckt haben, was das Portfoliomanagement betrifft. Das kam überraschend. Was uns wiederum nicht überraschte, war die rasche Erholung nach Aufhebung der Coronabeschränkungen. Vor kurzem erst konnten wir eine Kneipenkette erfolgreich veräußern. Es handelte sich um 1.500 Kneipen, alle geschlossen. Ich kann mich noch erinnern, wie Leute während der Delta-Welle meinten, „Das ist das Ende. Wir werden nie wieder aufmachen.“ Allerdings war uns bekannt, dass die Sparguthaben auf Rekordhöhe angewachsen waren – überschüssige Guthaben beliefen sich allein in England auf 220 Mrd. €, auf 190 Mrd. € in Deutschland und auf über 100 Mrd. € in Frankreich. Wir waren überzeugt, dass die Leute nach der allgemeinen Aufhebung der Beschränkungen anfangen würden, Geld auszugeben und sich wieder starkes Vertrauen bei den Verbrauchern zeigen würde - und genau so kam es dann auch. Als die Wirtschaft nach der Delta-Welle wieder hochfuhr, lag unseren Umsatz um 20 Prozent über dem Niveau von 2019, und das 10 Wochen lang. Die enorme Höhe der Guthaben haben also für starken Aufwind gesorgt.

Im Rahmen des Joint-Venture, das Trei Real Estate mit Patron Capital Partners eingegangen ist, planen Trei und Patron, 140 Mio. € in Fachmarktzentren in Polen zu investieren. Können Sie sich ähnliche Joint-Ventures mit anderen Partnern vorstellen?

Morshuis: Nicht bei Fachmarktzentren. Wir haben in Patron Capital Partners einen wirklich großartigen Partner gefunden und somit die Möglichkeit, das laufende Programm auf über 140 Mio. € an Neuinvestitionen und Projektentwicklungen auszuweiten, sofern der Markt das hergibt. Wir erweitern auch unser Entwicklergeschäft im Bereich Mietwohnungsbau in Polen, und hier beabsichtigen wir, einen Partner mit ins Boot zu nehmen, der eine weitaus raschere Expansion erlaubt, als uns mit eigenen Mitteln möglich wäre. Eine künftige Zusammenarbeit mit Partnern wäre aber auch in unserem Wohn- und Entwicklungsgeschäft in Deutschland denkbar.

Herr Breslauer, welche Gründe waren Ausschlag gebend für die Investition in polnische Fachmarktzentren gemeinsam mit Trei?  

Breslauer: Wir investieren schon seit 20 Jahren in Polen. Es handelt sich um einen hochinteressanten Markt, der sich fortlaufend weiterentwickelt und wächst. Er ist allerdings recht komplex, denn es steht jede Menge Land zur Verfügung, und noch während sich die Verbraucherbasis herausbildet und wächst, müssen wir schon geklärt haben, wie man sie am besten anspricht und die Leistungen anbietet, die tatsächlich benötigt werden. Man braucht also einen ganz starken Partner, der sowohl mit dem polnischen Markt insgesamt und den städtischen Märkten im Einzelnen vertraut ist als auch globales Fachwissen mitbringt – in Bezug auf moderne Methoden und Ansätze bei Bau, Ausgestaltung und Vermietung. Die Trei Real Estate bietet uns beides.

Möchten Sie abschließend noch etwas hinzufügen?

Breslauer: Polen ist ein hochinteressanter Standort. Er wächst in rasantem Tempo, weist eklatante Unterversorgung in praktisch allen Bereichen auf, und Trei ist es gelungen herauszufinden, wie man den Bedarf deckt, indem man Angebot und Möglichkeiten schafft. Welche Gründe sprechen dafür, in Europa zu investieren statt in den USA? In bestimmten Produktklassen verläuft das Wachstum exponentiell, was ein schlagendes Argument darstellt. Wir sehen Investmentgelegenheiten stets im jeweiligen Gesamtzusammenhang, und investieren deswegen lieber in Europa, insbesondere in Polen.

Morshuis: Unsere Entwicklungstätigkeit erstreckt sich sowohl auf Polen als auch auf die USA, und wir erzielen jeweils in etwa die gleichen Renditen. Interessanterweise ist das Risiko allerdings in Polen deutlich geringer als in den USA, und zwar einfach aus dem Grund, dass das Land so rasante Wachstumsraten aufweist und nach wie vor einen gewissen Rückstand gegenüber Westeuropa aufzuholen hat.

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