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Aktuell stellen Renditen und Euro-Wechselkurs die größten Herausforderungen dar

 „Wenn ich heute gefragt würde, wie viele Jahre der Stabilität uns noch bleiben, wäre meine Antwort nicht mehr ‚fünf Jahre‘. Stattdessen würde ich antworten ‚bestenfalls drei Jahre‘,“ meint Jacek Wesołowski, Geschäftsführer von Trei Real Estate Polen, im Interview mit SCFNews | Retailnet.pl

Warum war die Zahl der Transaktionen auf dem Markt für Einzelhandelsimmobilien in letzter Zeit so niedrig, und wie sieht der langfristige Trend aus?

Derzeitige Trendeinschätzungen beruhen auf einer sehr geringen Zahl von Abschlüssen. Das kann geradezu absurde Schlussfolgerungen nach sich ziehen nach dem Motto: „Statistisch gesehen haben mein Pferd und ich im Schnitt je drei Beine“. Denn wenn gar keine größeren Portfolioverkäufe erfolgen, kann von einem repräsentativen Maßstab zur Ermittlung eines Trends bei solchen Transaktionen keine Rede sein. Außerdem will bedacht sein, dass die Entscheidungen mancher Marktteilnehmer aus der Not erfolgen, nämlich wenn Vermögenswerte veräußert werden müssen, um dringend benötigtes Kapital zu beschaffen. Meiner Ansicht nach werden sich die tatsächlichen Renditen erst durch künftige großvolumige Portfolioverkäufe im Wert von über 50 Mio. Euro ergeben. Bis dahin lässt sich mit Gewissheit allenfalls sagen, dass nur wenige polnische Unternehmen in der Lage sind, solche Geschäfte zu stemmen.

Wenn wir von Großabschlüssen von über 50 Mio. Euro sprechen, bezieht sich das auf Portfolioverkäufe von Fachmarktzentren. Ist das der Ansatz, den Anleger in naher Zukunft verfolgen werden?

Trei hat ein derartiges Geschäft bereits abgeschlossen, und zwar mit Patron Capital Partners, einem britischen Fonds, der mit uns bei der Entwicklung von Fachmarktzentren im Rahmen eines Joint Venture zusammenarbeitet. Teil dieser Vereinbarung ist auch der mögliche Verkauf des Portfolios an Dritte. Wir haben also bereits mögliche Szenarios dieser Art eruiert. Hierbei ist anzumerken, dass wir abgesehen vom Joint Venture mit Patron Capital Partners weiterhin von uns entwickelte Fachmärkte im Eigenbestand halten, der auch von uns selbst betreut wird.

Wir halten überdies Portfoliotransaktionen für möglich, bei denen es nicht nur um Verkauf geht sondern auch um Gelegenheiten zur Entwicklung anspruchsvollerer Objekte. Ich drücke mich bewusst vage aus, um nicht allzu viele Einzelheiten zu verraten. Immerhin lässt sich sagen, dass nicht nur Trei sondern auch die Konkurrenz über solche Optionen nachdenkt.

Grzegorz Pękalski von Retail Concept äußerte die Absicht, laufende Projekte binnen zwei Jahren zu veräußern, um sich anschließend um so stärker am Markt zu engagieren.

Genau. Es werden sich alle möglichen Gelegenheiten ergeben, und so ist auch meine Äußerung vorhin zu verstehen, dass die Durchschnittsrendite nicht die tatsächliche Marktlage wiedergibt. Wir behalten Einzelabschlüsse durchaus im Auge. Manchmal wechseln Objekte zu recht hohen Preisen den Besitzer, während andere deutlich günstiger veräußert werden, vielleicht weil das Kapital anderswo gebraucht wird, beispielsweise zum Aufbau einer Kette von Autohäusern. Einzeltransaktionen dieser Art eignen sich jedoch nicht zur Ableitung einer belastbaren Prognose zu aktuellen Renditewerten.

Es mangelt dem Markt also an Transparenz?

Ich glaube, dass der Marktausblick nicht mal mehr für die kommenden fünf Jahre positiv sein dürfte, sofern sich nicht in zwei Kernbereichen etwas ändert.

Welche beiden Kernbereiche meinen Sie?

Beim ersten handelt es sich meiner Ansicht nach um die Kompression der Verkaufsrenditen, die schon vor der Pandemie bei unter 7% lagen. In der Corona-Zeit schossen sie auf 7,5% hoch oder gar noch höher. Hier rechne ich mit einer Stabilisierung, also einer Renditekompression.

Wann sind Veränderungen in diesem Bereich zu erwarten?

Ich rechne noch in diesem Jahr mit Veränderung, spätestens aber im Lauf der kommenden zwei Jahre.

Renditen sind also Thema Nr. 1. Was wäre das andere Kernthema?

Die aktuelle Gemengelage einer hohen Inflation im Verbund mit einem starken Złoty ist mir unbegreiflich. Die Inflationsrate lag in Polen bei 20%, während der Złoty um 15% zulegte. Kann mir mal bitte jemand erklären, wie das funktionieren soll?

Der Wechselkurs des Złoty ist also ein weiterer Faktor, der unser Geschäft erschwert. Die Mietpreise in Fachmarktzentren sind in Euro festgelegt, doch nach der Umrechnung der Mietzahlungen in die polnische Währung bleiben uns als Vermieter und Entwickler eine geringerer Złoty-Betrag für neue Entwicklungsprojekte.

Trotzdem hat Trei ehrgeizige Entwicklungspläne. Es sind ja noch jede Menge Neuprojekte in der Pipeline.

Unsere Grundstücksreserven verschaffen uns einen Puffer von etwa drei Jahren an gesicherten Projekten. Im laufenden Jahr dürfte der Abschluss von vier bis sechs neuen Projekten realistisch sein. Was in diesem Geschäft allerdings für gewisse Frustration sorgt, sind unerwartete Risiken, mit denen wir konfrontiert werden, ohne dass es Alternativen zu unserem Geschäftsmodell gäbe. Der Umstand, dass unsere Mieteinnahmen durch den ungünstigen Wechselkurs geschmälert werden, wie oben erwähnt, macht eine optimale Planung der Neubauobjekte zwingend erforderlich, und es bleibt kein Spielraum für Fehler.

Werden diese Risiken durch Ihre Wachstumsdynamik selbst verursacht?

Nein, sie ergeben sich vielmehr aus dem Mangel an Reserven. Wir müssten definitiv über größere Reserven verfügen. Am Bau können sich alle möglichen unerwarteten Sachverhalte ergeben, und auf diese sollten wir vorbereitet sein. Derzeit gehen wir zwar davon aus, dass alles nach Plan läuft, aber das wird sich erst noch zeigen. Ein schwieriges Thema also.

Wir bei Trei sehen den Markt im größeren Zusammenhang. Wir möchten, dass unsere Stärke auf mehr als nur einer Assetklasse beruhen. Wir haben großen Erfolg mit dem Vertrieb von Wohnungen. Die nächsten beiden Projekte befinden sich bereits im Vertrieb, das eine in Milanówek und das andere in Łódź. Wir haben einen gewissen Ruf aufgebaut und möchten auch in diesem Markt bleiben. Wir haben uns dazu mehrere neue Investments mit insgesamt 2.500 Wohnungen gesichert.

Ferner engagieren wir uns auch auf dem privaten Mietwohnungsmarkt in Polen. Das erste Großprojekt, welches einen innovativen Ansatz in Fertigbauweise verfolgt, ist bereits in Poznań im Bau. Weitere Projekte befinden sich in Planung, wobei die Baubewilligungen schon vorliegen. Unser dritter Geschäftszweig wird Mietwohnungen sein.

Wie sehen Sie die ESG-spezifischen Herausforderungen (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) im heutigen konjunkturellen Kontext?

Für die Kollegen in Deutschland beispielsweise ist das Einholen von Baugenehmigungen ein derart langwieriger Prozess geworden, dass sie Objekte schon jetzt emissionsfrei planen müssen. Es steht aber noch gar keine Bautechnologie zur Verfügung, um emissionsfreie Gebäude zu erstellen. Wie soll man also ein auf Emissionsfreiheit ausgelegtes Gebäude genehmigen lassen, wenn es keinen konkreten Ansatz für seine Realisierung gibt?

Eine weiteres Problem ergibt sich aus der Frage, wer für die ESG-Maßnahmen bezahlen soll, vor allem bei Entwicklungsprojekten, die bestimmte Normen erfüllen müssen. Mieter befürchten, dass die Kosten an sie weitergereicht werden. Aber derzeitige Mietvereinbarungen lassen solche Regelungen gar nicht zu. Damit bleibt also der Entwickler auf den Kosten sitzen.

Und dabei geht es um eine ganze Bandbreite an Zusatzkosten. Neben dem ESG-Thema sind steigende Baupreise, der starke Złoty und das hohe Renditeniveau zu nennen. Natürlich wird das eine oder andere Unternehmen auch diese schwierigen Zeiten überstehen und künftig vielleicht sogar überdurchschnittliche Gewinne einfahren. Bei anderen Marktteilnehmer wird dagegen eine Konsolidierung erforderlich sein.

Das klingt ganz schön pessimistisch. Wie würden Sie sich denn selbst einstufen? Als realistisch, leicht optimistisch, leicht pessimistisch oder markteuphorisch?

Ich würde mich persönlich als Veteran und Segler bezeichnen angesichts meiner langjährigen Tätigkeit in der Immobilienbranche einerseits und meiner Leidenschaft fürs Segeln andererseits. Als Geschäftsmann muss ich allerdings zuversichtlich bleiben. Und das bin ich auch, denn für mich ist klar, dass Marktveränderungen kommen werden. Renditen werden auf ein angemesseneres Niveau zurückkehren, und die derzeitige Stärke des Złoty wird sich nicht mehr lange aufrechterhalten lassen. Wenn ich also heute gefragt würde, wie viele Jahre der Stabilität uns noch bleiben, wäre meine Antwort nicht mehr „fünf Jahre“ sondern „bestenfalls drei“.

SCF Magazine, Retailnet.pl/ Radosław Rybiński

Interview mit: Jacek Wesołowski, Geschäftsführer von Trei Real Estate Polen

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